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~Transalp~

Radltour von Oberstdorf zum Gardasee

Monika Güttler, gefahren Freitag 2001-07-27 bis Mittwoch 2001-08-15

Freitag, 2001-08-03

Bis 7.00 Uhr schlafen wir und klettern dann mühsam aus den Betten. Wir wollen bei Zeiten weiter. Um 7.30 Uhr gibt es Frühstück, das allerdings recht spartanisch ausfällt. Wir bekommen nicht mal einen Teller hingestellt ... !? Um 8.30 Uhr sitzen wir schon wieder auf unseren geliebten Rädern. Zunächst brausen wir eine asphaltierte Straße nach "Monno" runter. Das werden meine schnellsten 12 km, die wir in 25 Minuten ins Tal hinabdüsen. Unten angekommen, müssen wir erst mal tief Luft holen. Es ist wie ...., wie fliegen, fliegen ohne Flügel, ein Wahnsinnserlebnis. Ich habe tatsächlich eine Höchstgeschwindigkeit von 52 km/h erreicht. Ro ist natürlich noch schneller. An mancher Kehre steht er dann und wartet auf mich. Von "Monno" aus radeln wir teils auf Radwegen, teils aber auch auf der Straße nach "Ponte di Legno". Dort trinken wir einen gemütlichen Cappuccino. Heute ist es zwar ziemlich bewölkt, aber trotzdem sehr warm. Nun geht es bergauf, da wird es ohnehin gleich wieder heiß. In knapp zwei Stunden strampeln wir die 11 km hinauf zum "Passo Tornale". Unterwegs versorgt Ro mich ständig mit Banane und Müsliriegel, damit mich die Kräfte nicht völlig verlassen. Außerdem müssen wir viel, viel trinken. Zudem kommt täglich je eine Magnesiumtablette in die Trinkflaschen. Aber trotz all' dieser Vorbeugemaßnahmen habe ich oft das Gefühl auf dieser Tour, ich fahre mit letzter Kraft. Und dennoch hole ich dann irgendwo Reserven aus meinem Körper, an die ich nicht geglaubt habe.

Am Paß angekommen ist es bereits 13.15 Uhr. Es gibt einige Hotels, Restaurants und Geschäfte. In einer Kneipe essen wir eine Kleinigkeit. Und wieder folgt eine gigantische Abfahrt, die in vielen Kehren nach "Dimaro" hinab führt. In Anbetracht der Tatsache, daß uns jetzt noch mal eine längere Steigung bevorsteht, bis zur nächsten Unterkunft, schlägt Ro vor, die Nacht hier in "Dimaro" zu verbringen und die Tour morgen fortzusetzen, d. h. um noch einen Tag zu verlängern. Es ist 15.45 Uhr, und ich bin bereits jetzt schon ziemlich erschöpft, will aber unbedingt weiter, die geplante Tour einhalten. Zunächst irritiert mich das selbst, warum ich so hartnäckig darauf bestehe. Doch treibt mich wahrscheinlich der Wunsch, jetzt endlich anzukommen, die Tour zu beenden. Der Gedanke, es könnte sich noch mal um einen Tag hinziehen behagt mir im Moment gar nicht. Ich denke, mein Kräftepotential, mein Schwung, mein Elan, meine Energie sind ganz einfach ausgeschöpft. Also mobilisiere ich für den heutigen Tag nochmals meine letzten Kraftreserven und hieve mich und meinen 9-kg-Rucksack aufs Rad. Und wenn wir vier Stunden brauchen, irgendwie bringe ich mich jetzt da hoch, zum "Passo di Campo"!

Da ich aber tatsächlich schon auf "Schmalspur" fahre, was meine Energie angeht, wird schnell klar, daß das für mich ein absoluter Mammutanstieg wird. Den steinigen Waldweg kann ich nur noch schieben, und auch das nur sehr langsam. Ein junger Radfahrer ohne Gepäck strampelt lustig, freundlich grüßend an uns vorbei. Sehnsüchtig blicke ich ihm hinterher. Im Augenblick ist das für mich unvorstellbar. Irgendwann bietet Ro mir an, meinen Rucksack zu übernehmen. Ich glaube, er ist ziemlich verdutzt, als ich total erleichtert dieses großzügige Angebot spontan annehme. Er schnallt sich also meinen Rucki vorne auf die Brust und schiebt nun sein Radl nach oben. Ich aber, auf einmal um 9 kg leichter, schwinge mich in den Sattel und fahre die Steigung nach oben. Ganz entzückt darüber, wie leicht das plötzlich geht, überhole ich sogar den Radler von vorhin, der vor lauter Schreck die Kurve nicht kriegt und ins Straucheln gerät. Er hat uns nie mehr eingeholt ... ! So könnte ich jetzt noch länger fahren, bleibe aber natürlich immer wieder stehen, damit Ro wieder aufholen kann. Eine halbe Stunde gewährt er mir, dann muß ich meinen "Hinkestein" wieder selber tragen. Ro ist pitschnaß geschwitzt. Nicht zum ersten Mal wird uns klar, daß wir viel zu viel Gepäck dabei haben. Kein anderer Transalper hat einen so schweren Rucksack. Wir muten uns damit eine Wahnsinns Strapaze zu. Das nächste Mal wird das optimiert, ganz klar. Dann macht's unterm Strich gesehen auch noch mehr Spaß.

Die nächsten Stunden fahren, schieben, stehen, trinken, essen wir, und der Berg scheint nicht enden zu wollen. Doch endlich erreichen wir die Paß-Straße und nun sind es nur noch wenige Kilometer bis zu dem Albergo "Genzianella", das unser heutiges Ziel ist. Mühsam und erschöpft, aber fahrend kommen wir um 18.00 Uhr am Albergo an. Hier geht's offensichtlich ein bißchen feiner zu, die Übernachtung mit Frühstück kostet 70,00 DM/Person. Egal - ich würde jetzt jeden Preis bezahlen. Wir beziehen das Zimmer und ich dusche, dusche und dusche ...

Wir stürzen uns auf ein leckeres und reichhaltiges Abendessen. Aber das brauchen wir jetzt auch nach dieser Anstrengung.

Höhenmeter:1'800 m
Strecke:79 km
AVS:11.8 km/h
Fahrzeit:6.40 h

Samstag, 2001-08-04

© Monika Güttler