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Radtour durch Westdänemark und Südwest-Norwegen

Karl Brodowsky, gefahren 1988-08-23 bis 1988-09-02, geschrieben 1993

Teil 1

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Dieser Radtourenbericht bezieht sich auf eine Radtour, die (von Deutschland aus) nach Norden ging, aber nicht sehr weit. Mit dem Fahrrad fuhr ich nur vielleicht 1050 km, die Zeit war mit 10 Tagen aber auch kurz, obwohl noch die Tage an denen ich mit dem Zug unterwegs war, dazukamen. So ungefähr 3000 Bahnkilometer kamen auch zusammen. Den Rest dessen, was ich hier aufgeschrieben habe, kann jeder Leser jetzt eigentlich raten, aber ich habe da doch noch ein paar Zeilen hinzugefügt.

Weil die Zeit knapp war, nahm ich den Zug bis Kiel und fuhr von dort los. In letzter Minute erinnerte ich mich noch an die hohen dänischen Lebensmittelpreise und klemmte noch eine Gurke und eine extra große Salami unter die Spanngummis, die Zelt und Schlafsack hielten. Zunächst folgte ich der N 76 (Bundesstraße) bis kurz vor Flensburg. Zwischen Schleswig und Flensburg ist die geistreicherweise eine für 120 zugelassene zweispurige Kraftfahrtstraße, um die parallel verlaufende vierspurige Autobahn zu entlasten. Radfahrer sollen eine furchtbar holperig gepflasterte Landstraße benutzen. Aber einen Felgenbruch gleich am Anfang wollte ich nun doch nicht auf mich nehmen. Flensburg läßt sich dagegen völlig legal umfahren und man kommt bei Pattburg über die dänische Grenze.

Über das dänische Festland fuhr ich dann nur noch ein kurzes Stück bis zu einem Zeltplatz zwischen Appenrade und Hadersleben. Man soll ja in höherem Alter nur langsam anfangen und sich nicht gleich am ersten Tag überanstrengen. Die Überanstrengungen kamen dann schon noch am nächsten Tag. Obwohl Westdänemark noch flacher als die Schweiz ist und die höchsten Berge noch unter 200 Meter Höhe bleiben, ist die E 3 oder genauer die den Radverkehr der E 3 offiziell tragende Nationalstraße so billig trassiert, daß man die kleinen Hügel gar nicht mehr so klein findet. Kurz vor Skanderborg gab es einen süßen kleinen Zeltplatz mit toller Badegelegenheit in einem kleinen See. In Dänemark muß man in jedem Jahr, in dem man auf irgendeinem dänischen Zeltplatz übernachtet, einen Campingpaß kaufen. In keinem anderen Land habe ich das bisher erlebt, aber dafür sind dort die Zeltplätze auch meist sehr schön ausgestattet. Und für zwei Nächte lohnt es sich schon fast, die 10 Mark auszugeben. Wildzelten ist in Dänemark leider ziemlich streng verboten, wenn man davon absieht, daß vermutlich auf den Wellen der Ostsee zwischen den dänischen Inseln Ausnahmen toleriert werden, und es gibt auch nicht so viele geeignete Wälder wie in Schweden, Norwegen oder Finnland.

Jetzt war es nicht mehr weit bis Århus und bis zum Abend kam ich auch nach Ålborg. Dort ging ich einmal zur Abwechslung in die Jugendherberge. Die war ganz nett, der Zeltplatz wäre es übrigens auch gewesen, wie ich einige Jahre später feststellen konnte. Nachdem mich bis hier etwas bewölktes Wetter vor zu hohem Verbrauch an Filmmaterial geschützt hatte, änderte sich das jetzt. Von Ålborg fuhr ich direkt nach Norden an Hjørring vorbei nach Hirtshals, alles bei strahlendem Sonnenschein und in einer schönen Hügellandschaft. Am Abend fuhr dann ein kleines Schiffchen nach Kristiansand in Norwegen, das so gegen 23:00 dort ankam. Es gibt ein Kristiansund und ein Kristiansand. Verwechslungen vermeidet man am besten, indem man sich merkt, daß Kristiansand die schöneren Badestrände ganz im sonnigen Süden Norwegens hat. Zum Glück konnte ich auf der Fähre in Erfahrung bringen, wo in Kristiansand der Zeltplatz so liegt. Als das Schiff dann so gegen 23:00 anlegte, konnte ich dann den Weg dorthin genau beschreiben und ihn auch tatsächlich leicht finden. Beim Zeltplatz gab es auch wirklich einen Strand, aber nicht mit Sand, sondern mit flachen Felsen. Das etwas kalte Wasser brauchte ich wohl auch, um morgens wachzuwerden, weil es am Abend vorher so spät geworden war.

Nachdem ich diese fünftgrößte Stadt Norwegens (60000 Einwohner) besichtigt hatte, machte ich mich auf den Weg nach Westen, es ging sogar noch ein kleines bißchen nach Süden, weil Mandal noch weiter im Süden liegt als Kristiansand. Eine sehr schöne gut bewaldete Gegend mit flachen Felsen, vielen kleinen Seen und ab und zu Berührung der Küste, wo es dann auch gelegentlich ein paar kleine Kaianlagen gab. Die E 18 war teilweise für 90 ausgebaut, aber teilweise gab es auch Gebiete mit offener Weidehaltung und diesen Rindersperren in der Fahrbahn. Abends, als es schon dunkel war, machte ich mich auf die Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit. Kurz vor Liknes (nach ungefähr 100 km) fand ich einen kleinen Waldweg, neben dem irgendwo Platz zum Zelten war. Dann fing so ein Hundchen in der Ferne an zu bellen, als das Zelt schon lange stand. Da sah ich in der Ferne ein Licht eines Hause brennen. Bei genauerem Hinsehen war auch über mir ein Licht. Auf einem Felsen direkt neben der Stelle, wo ich zeltete, stand ein Haus, weniger als 200 m entfernt und vielleicht auch nicht einmal 200 m nach oben. Es hatte aber zum Glück niemand etwas dagegen, daß da unten ein Zelt stand.

Am nächsten Tag kam ich durch das Venedig Norwegens, ein winziges Städtchen mit Namen Flekkefjord. Von da kann man über die N 44 an der Küste oder die E 18 etwas mehr durch das Landesinnere fahren. Ich wählte den zweiten Weg, wo immerhin genügend viele Seen neben der Straße lagen, daß der Verlust an Blick auf das Wasser kaum der Rede wert war. Aber es gab bald noch mehr Wasser zu sehen. Manche Leute meinen, ihnen sei ein kurzer Regen, bei dem es einmal für eine Viertelstunde "Platsch" macht lieber als solch ein Dauerregen von geringer Stärke. Jetzt gab es aber einen Dauerregen, wo es für viele Viertelstunden richtig "Platsch" machte. Es war eben schon August und die Regenzeit (September) war nicht mehr weit. Daß man Regenkleidung dabei haben muß und daß man die Kleidung in der Packtasche in Tüten packen muß, wußte ich ja schon und von daher war das nicht so schlimm. Außerdem gab es ab und zu Tunnels. In manchen davon regnet es auch, sogar bei Sonnenschein und ohne Regenbogen. Da dies insbesondere in dunklen Tunnels auftritt, muß man wenigstens nicht unter dem Anblick des Regens leiden. Am Abend kam ich schon in das Umland Stavangers im weiteren Sinne, vielleicht 50 km davor. Da wurden die Wälder knapp und es gab viel Landwirtschaft. So fragte ich einen Bauern, ob ich bei ihm zelten könnte. Der Bauer hatte jedenfalls netterweise nichts dagegen.

Das, was ich so als Sprache verwendete, hatte wohl inzwischen eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Schwedischen entwickelt, so daß es fast weniger vom Schwedischen abwich als das ziemlich nah damit verwandte Norwegische. Mit der Sprache ist das in Norwegen etwas schwierig, weil es nicht in dem Sinne wie bei der deutschen oder schwedischen Sprache eine wohldefinierte Hochsprache gibt, die auch alle verwenden. Einerseits gibt es zwei Amtssprachen, Nynorsk, das eher als westskandinavisch gilt und mit Isländisch und Færøisch verwandt sein soll und Bokmål, das eher als ostskandinavisch gilt und mit Dänisch und Schwedisch verwandt ist, von der Aussprache näher an Schwedisch und von der Schreibweise und dem Vokabular näher an Dänisch. Anderseits werden die Dialekte viel häufiger und selbstverständlicher gesprochen als in einigen anderen Ländern. Das konnte sogar ich an zwei Dingen merken. Das Wort für "Auf Wiedersehen" ist im Norden und Osten anscheinend fast wie das schwedische "Hej då" (sprich "häidoo"), im Süden und Westen klang es aber eher wie "hada". Ebenso ist auffällig, daß je nach Dialekt die Reihenfolge der Ziffern bei zweistelligen Zahlen wechselt. Bei beidem benutzte ich natürlich immer gerade die falsche Variante. Vermutlich muß man um Norwegisch zu lernen, genügend Zeit in einer Gegend verbringen und sich auf deren Dialekt konzentrieren. Danach muß man lernen, alle anderen Dialekte zu verstehen.

Am nächsten Morgen sah ich mir die Gegend noch während der Fahrt etwas genauer an. Es gab viele Weiden und Wiesen, die durch Steinzäune voneinander abgegrenzt wurden. Nach Stavanger war es dann nicht mehr weit, wenn auch der Weg dorthin teilweise nur so mittellegal war. Dort gab es eine Wäscherei, der man keineswegs anmerkte, daß Stavanger wegen des Öls angeblich die teuerste Stadt Norwegens ist. Waschen und Trocknen zusammen war billiger als das Waschen alleine in Karlsruhe. Obwohl dies die Stadt des schmutzigen schwarzen Goldes war, gab es doch noch sehr reizvolle Stadtteile mit schönen alten Holzhäuschen und Gassen dazwischen, die eigentlich zu schade für gewisse ölverbrauchende Gegenstände sind.

Teil 2

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Nachdem ich mich in Stavanger ein wenig umgesehen hatte, machte ich mich auf den Weg. Denselben Weg zurück fahre ich nicht gerne. Also blieb mir nichts anderes übrig, als zur Spitze der Halbinsel, auf der Stavanger liegt, zu fahren und von dort eine Fähre nach Karmøy zu nehmen. Diese Insel ist eher hügelig als bergig, aber sehr felsig mit vielen kleinen Weiden zwischen den Felsen, aber praktisch ohne Wälder. Leider gestattete mir der starke Rückenwind keinen sehr langen Aufenthalt auf dieser schönen Insel und die 40 km waren relativ schnell zu durchfahren. Abends kam ich dann in Haugesund an, einer Stadt mit vielleicht 30000--40000 Einwohnern und einer eigenen Europastraße nach Oslo, aber ohne Bahnanschluß.

Neben dem Zeltplatz gab es ein großes Nationaldenkmal (ich glaube es spielt auf die Einigung Norwegens durch Harald Schönhaar im neunten Jahrhundert an) und ein Steinkreuz aus der Zeit der Christianisierung Norwegens. Da wurden die Gottesdienste noch draußen gefeiert, bevor die ersten Kirchen entstanden. Vermutlich auch im Winter und bei Regen. Das waren also sicher überzeugte Christen, die da kamen.

Auf der E 76 fuhr ich dann in Richtung Osten. Immer wieder kamen mal links, mal rechts Fjordarme bis an die Straße, dann ging es einmal wieder durch Wälder und Berge bis zum nächsten Arm. Zum Schluß begleitete mich im Norden der Åkrafjord für mehr als 20 km. Solch eine Küstenstraße müßte eigentlich flach sein. Ist sie aber nicht. An der fast senkrechten Felswand im Süden des Fjordes kletterte sie durchaus hoch und runter, einmal sogar zu einem (unfreiwilligen) Aussichtspunkt von etwa 240 Metern Höhe über dem Wasser. Der Ausblick war wirklich sehr schön und reichte sehr weit in die Ferne. Den Hut muß man wohl vor den Leuten ziehen, die dort ohne diese Straße zur Verfügung zu haben, herumkletterten, um den Bau vorzubereiten und durchzuführen.

Natürlich gab es ganz viele kleine Tunnels und die Tatsache, daß die E 76 hier einspurig mit Ausweichstellen war, brauche ich wohl eigentlich nicht mehr extra zu erwähnen. Es kamen ja auch fast gar keine Autos und nur sehr wenige Lastwagen. Die waren dann aber auch meist so große Lastzüge, wie sie bei uns nicht zugelassen sind und für die garantiert keine einzige Ausweichstelle reichte. Vermutlich hatten die alle Funk und vor der Einfahrt in den Abschnitt mußten sie dann fragen, ob kein Gegenverkehr unterwegs sei. Beim Rückwärtsfahren mit Anhänger auf der Straße für 10 km wünsche ich nämlich viel Spaß, besonders im Winter. Aber eigentlich gab es ja doch eine ganz große Ausweichstelle, überall außerhalb der Tunnels verfügbar und sogar für Supertanker geeignet.

Der letzte Tunnel ging unter einem großen Wasserfall durch (Langfossen) und dann kam die Spitze des Fjordes, wo der Ort Fjæra lag. Der enthielt je nach Karte einen Zeltplatz oder eine Jugendherberge. Auf einer von mir aus dem Gedächtnis gezeichneten Karte wäre dort keines von beiden eingetragen. Aber eine kleine Obstwiese gab es und die Besitzer gestatteten mir großzügigerweise, da für eine Nacht zu zelten. Das war wirklich ein geeigneter Platz: Im Norden und Süden steile Felswände, im Westen der Fjord mit dem Wasserfall in einiger Entfernung und im Osten ein leicht ansteigendes Tal mit einem kleinen sprudelnden Flüßchen, daß nahe der Obstwiese seine Mündung hatte.

Dies Tal wurde von der E 76 und von mir am nächsten Tag in Anspruch genommen, um weiter nach Osten zu fahren. Es folgte ein kleiner Paß und dann ging es wieder herunter ins nächste Tal, wo von der E 76 die N 47 nach Norden abzweigte. Geradeaus käme man über einen 1100 Meter hohen Paß, durch ein Tal und dann wieder auf 1100 Meter durch zwei über 6 km lange beleuchtete Tunnel und dann über etwas flacheres Gebirge, aber noch über viele Pässe nach Oslo. Aber das war eine andere Radtour. Ich bog nach Norden ab und folgte der N 47 (auch weitgehend einspurig mit Ausweichstellen) nach Odda am Sørfjord, einem Arm des Hardangerfjords. Zunächst kommt man da an einen Wasserfall (Låtefossen). Der ist ganz nett, hat aber auch die Eigenschaft, daß dort alle Bustouristen auftauchen, bis auf diejenigen, deren Fahrer von Haugesund aus hierher fahren wollte und die dann ein gemeinsames Bad im Fjord zu nehmen hatten, als Gegenverkehr kam. Wenig später traf ich einen Amerikaner, der mir entgegenkam und dem der Schrecken noch in den Knochen saß, da er an der Westseite des Sørfjords unbeleuchtete Tunnels durchfahren mußte, davon einer, den er "death tunnel" nannte, 1.6 km lang. Mir war das noch nicht so aufgefallen, daß das solch ein Problem ist. Mit einer irgendwie noch funzelnden Lichtanlage sieht man nämlich die Reflektoren an beiden Seiten des Tunnels und muß da durchzielen. Man gewöhnt sich daran, solange keine Schlaglöcher von mehr als 2 Metern Tiefe vorkommen.

Aber ich bin nun einmal ein ängstlicher Mensch. Obwohl ich bei praktisch keiner Radtour die Route zu 100 Prozent vorher geplant hatte, sondern immer noch etwas Spielraum für spontane Varianten blieb, stand für mich an dieser Stelle schon vorher fest, daß ich der N 47 auf der Ostseite des Fjords folgen wollte, wo die Tunnels tatsächlich beleuchtet waren. Man hat von der Ostseite einen schönen Blick auf die Gletscher gegenüber. Die Fjordwände sind in der Gegend oft 1000 Meter und mehr hoch und da drüber kommen an dieser Stelle noch Berge von über 1600 m Höhe (über dem Meer) und Gletscher. Im Tal gibt es hier ganz viele Obstwiesen. Im Mai soll es sich angeblich lohnen, hier die Blüte der Obstbäume zu erleben, zumal da die Niederschläge weniger sind. Aber obwohl es August war, regnete es dennoch nicht. An der Stelle, wo der Sørfjord auf den Hauptarm des Hardangerfjords trifft, nahm ich eine Fähre von Kinnsarvik nach Kvanndal herüber. Die Wände sind übrigens an dieser Stelle fast 2000 Meter hoch, aber die Hälfte ist unter Wasser. Da lief die Fähre dann wenigstens nicht so leicht auf Grund.

Von hier folgte ich der E 68 (wie sie jetzt heißt, weiß ich nicht, damals hieß sie so) Bergen - Voss - Oslo Richtung Voss - Oslo, wo mich ab Granvin an der Spitze eines Fjordarmes immerhin eine Bahnlinie begleitete. Diese Stichbahn war sogar elektrifiziert, obwohl sie meines Wissens nur dem Güterverkehr diente. Es ging dann langsam im Tal hoch immer einem Flußlauf folgend. Der Wasserfall (Skjervefossen), der dann kam, ließ sich durch die Straße nicht so gut nachbilden. Die eine Richtung geht ja gut und ist sogar lustig, aber wenigstens zum Hochkommen braucht man Serpentinen. Die Bahn verschwand irgendwo unten im Tunnel und war dann oben irgendwann wieder da. Wie das so ist, bemerkt man die Wasserscheiden oft kaum, jedenfalls ging es dann bald wieder bergab neben einem ziemlich viel Wasser führenden Fluß, der sich wegen der Felsen sicher gut als Badegewässer mit russisch-Roulette-Effekt eignet, nach Voss. Dort ging ich einfach auf den Zeltplatz, auch wenn der etwas teuer, aber sonst sehr schön war.

Auf meiner Karte war eine Straße von Voss nach Bergen eingetragen, die vielleicht 40 km kürzer war als die E 68, dauernd im Tal blieb und in Bau war. In der Hoffnung, daß vielleicht der Asphalt schon liegt und nur noch die Fahrbahnmarkierung ein paar Jahre auf sich warten läßt, schlug ich diesen Weg ein. Für das fehlende Stück gab es auch einen Umweg über die Berge (N 13, genau wie die E 76 nach meiner Karte für Wohnwagen nicht empfohlen), so daß das erste Stück noch ziemlich offiziell war. Dann bog ein kleines Sträßchen nach links ab und die große zweispurige Sackgasse ging weiter im Tal, mit ausführlichen Hinweisen auf die Lücke. Wenn mich ein Kraftfahrtstraßenschild schon nicht schreckt, dann solch eines auch nicht.

Plötzlich wurde die Straße dann ganz klein und band nur noch die letzten Dörfer an, die schon immer von Voss aus erreichbar waren. Das letzte Dorf hatte einen Bahnhof und Zugverbindungen in beide Richtungen, aber Straßenverbindungen nur nach Osten. Ich unterhielt mich dann mit ein paar Dorfbewohnern und meinte, ich müsse ja wohl bis 1991 hier warten und dann weiterfahren. Ja, das war noch einige Jahre vor 1991. Die meinten aber, die Baustraße sei schon fertig und durchgehend asphaltiert und beschrieben mir, wie die zu finden sei. Offenbar ist hier die Bahnlinie genommen worden. Ein neuer Tunnel verkürzte die Fahrzeit der Züge um 5 Minuten, machte aber auch ein bißchen von dem touristischen Reiz der Strecke kaputt. Außerdem entstand Platz, um die Baustraße und später die richtige Straße zu bauen. Nun konnte ich jedenfalls erst einmal die schöne alte Bahnstrecke mit geringem Tunnelanteil befahren.

Trotzdem war der Tunnelanteil vorhanden und diese Reflektoren zum Zielen fehlten natürlich auch. Mit anderen Worten, ich konnte trotz Halogenlicht (zumindest bewußt) praktisch nichts sehen. Vorsichtig langsamer fahren tut es auch nicht, dann ist das Licht ganz weg. Also fuhr ich nach Gefühl weiter, die Hände steuerten schon irgendwie richtig, obwohl ich keine Ahnung hatte, warum. Ich bekam keinen Felsen gegen den Kopf und berührte die Tunnelwand nicht einmal mit den Ellenbogen oder dem Gepäck. Da tauchte in der Ferne ein Lichtfleck auf, der wie der Ausgang aussah, weil ich direkt darauf zufuhr. Aber das Fahrrad bog einer Kurve des Tunnels folgend nach links ab. Es war wohl nur ein Luftschacht. Irgendwann kam doch noch der richtige Ausgang.

Etwas später stieß ich dann auf eine richtige Straße, nur fehlten natürlich die Wegweiser. Also bog ich einfach einmal nach rechts ab und es ging an einer Bergwand entlang etwas hoch, wobei rechts das Wasser im Tal blieb, über einen von links herunterkommenden Fluß und dann wieder nach unten und über eine Brücke nach Stamnes an einem Fjord. Also war nach rechts falsch. Aber was schadet das? Wenn ich keine Lust gehabt hätte, dort spazierenzufahren, wäre ich vermutlich zu Hause geblieben. Also ging es die 10 km wieder zurück und noch ein Stück weiter nach Dale.

Dort nahm ich einen Zug, in dem ich einer Schülerin bei den Deutschhausaufgaben half. Ich fuhr erst nach Voss zurück (deprimierend, wie schnell das zurück ging), dann nach Oslo und in der Nacht nach Kopenhagen und dann über die Vogelfluglinie nach Hause. Auf diese Weise hatte ich fast dreimal so viele Bahnkilometer wie Fahrradkilometer zurückgelegt (knapp 3000 und gut 1000 und ein paar Schiffskilometer) und war nicht einmal zum Nordkap gekommen. Da darf man wohl auch nicht hin, denn dann ist ja die Luft 'raus.

Aus Gründen der Vollständigkeit habe ich es neuerdings als notwendig angesehen, noch eine kleine Tabelle anzufügen. Da kommt das Nordkap aber auch nicht vor.