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Radtour durch Westjütland und Südnorwegen

Karl Brodowsky, gefahren 1989-07-15 bis 1989-07-29, geschrieben 1994

Teil 1

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Nachdem meine vorigen Radtouren ihren Anfangspunkt immer weiter nördlich hatten, erst in Karlsruhe, dann in Kiel, beginnt diese hier sogar in Flensburg. Diesmal begleitet mich zunächst mein Bruder Walter. Wenn man zu zweit fährt, hat man natürlich beim Gepäck Vorteile, weil zum Beispiel Werkzeug, Zelt und Esbitkocher nur einmal mitgenommen werden müssen. Diesen Vorteil verschenkten wir aber gleich wieder durch Mitnahme von etwas mehr Lebensmitteln und insbesondere etwas mehr Fotosachen. So waren ein Stativ, zwei Kameras und vier Objektive im Gepäck. Die Pausen bei gutem Wetter wurden dadurch dann natürlich auch etwas länger, aber das war für uns eben ein Teil des Vergnügens. Lebensmittel waren sogar noch ein größerer Spaß, weil durch die damaligen skandinavischen Preise für derartige Dickmacher doch sehr dazu beigetragen wurde, daß das Essen von billiger mitgebrachter Ware ein besonderes Vergnügen bereitete. Das Zelt wurde übrigens jede Nacht benutzt, Jugendherbergen oder Hotels oder sonstige windgeschützte Einrichtungen wurden bei dieser Radtour nicht in Anspruch genommen. Da waren wir also konsequenter als bei der ebenfalls im Netz beschriebenen Radtour von 1988.

Als wir in Flensburg aus dem Zug ausstiegen, fuhren wir auf einem ganz kleinen Sträßchen, das etwas südlich der dänischen Grenze verläuft und das an diesem Tag durch einen sehr ausgeprägten Gegenwind nur langsam befahren werden konnte, nach Westen und überquerten auf der N 5 (Bundesstraße) die Grenze nach Westdänemark, wo wir in Tondern (Tønder) nach Einkauf der obligatorischen dänischen Campingpässe für eine Nacht zelteten. Auf den Zeltplätzen in Westdänemark hat man übrigens kaum Chancen, die Sprache zu lernen, weil die Betreuer alle sehr gut deutsch können. Am nächsten Tag folgten wir der N 11, die auf dänischer Seite unsere N 5 fortsetzt, nach Ripen (Ribe), einem wunderbaren kleinen Städtchen, wo wir natürlich dann auch erst einmal eine Nacht auf dem Zeltplatz blieben.

Bei wieder einmal sehr starkem Wind ging es am nächsten Tag weiter nach Norden und zunächst nach Skjerm und am darauf folgenden Tag bei schon deutlich schwächerem Wind aber dafür über landschaftlich sehr reizvolle Steigungsstrecken, wie sie sogar im Rahmen des dänischen Hügellandes ziemlich oft vorkommen, nach Humlum etwas südlich des Limfjordes. Bei dem in den letzten Tagen durchschnittlich doch ziemlich starken Luftbewegungen, die man ja vor allem in der Erinnerung behielt, wenn er aus der üblichen Richtung, nämlich von vorne kamen, mußte man sich kaum über die vielen modernen "Windmühlen" wundern, die vielleicht wegen ihres Aussehens etwas umstritten sind. In Humlum war der Zeltplatz sehr schön am Wasser des Limfjords neben einem kleinen Bootshafen gelegen.

Am nächsten Tag ging es über eine Brücke, die den Limfjord überquerte, weiter nordwärts nach Thisted. Wir kamen durch merkwürdige Landgewinnungsgebiete oder was auch immer das war, jedenfalls sah der Boden zu beiden Seiten der Straße weder moorig noch vertrauenerweckend aus. Weil wir sowieso nicht wildzelten wollten und es außerdem noch zu früh war, störte diese Tatsache auch nur mäßig. Zumal zur Abwechslung einmal kein besonders starker Gegenwind zu erkennen war, fuhr es sich sowieso ganz besonders angenehm. Als der Abend dann doch kam, stellte sich heraus, daß ein auf der Landkarte eingetragener Zeltplatz leider seit einiger Zeit stillgelegt war. Dennoch fanden wir dann wenig später noch auf einem winzigen Zeltplätzchen in Attrup, das noch fast ein wenig Familienatmosphäre bot, einen für den Bau eines zeltförmigen Unterschlupfes geeigneten Rasen. Von dort war es dann nicht mehr sehr weit nach Osten, bis wir Ålborg erreichten, wo wir uns leider verabschieden mußten.

Walter fuhr mit einem "Interregiozug", was eine Bezeichnung für einen nach deutschen Verhältnissen besonders langsamen Nahverkehrszug in Westdänemark ist, nach Flensburg zurück, während ich, Karl, den Rest der Reise noch vor mir hatte. Ja, ich schaffte es tatsächlich trotz der langsamen Zugverbindung, mich noch länger in Westdänemark aufzuhalten als Walter.

Ich wollte ja noch weiter nach Norden, nicht bis zum Nordkap in Norwegen, aber doch wenigstens noch ein Stückchen, sozusagen zum dänischen Nordkap. Eigentlich führt eine Nationalstraße direkt über Fredrikshavn nach Skagen an der Nordspitze Westdänemarks, von wo es ohne naß zu werden erst einmal nicht mehr viel weiter geht. Das wäre also die naheliegendste Fortsetzung gewesen. Aber ich fuhr zum Spaß bei strahlendem Sonnenschein auf der falschen Straße in Richtung Hjørring weiter. Man gönnt sich ja sonst nichts. Von dort folgte ich den Wegweisern über winzige und teilweise überraschend steile Sträßchen nach Skagen. In der Gegend konnte man überall Kartoffeln, Erbsen und Obst beim Bauern kaufen, indem man sich von dem am Straßenrand liegenden Vorrat bediente und das Geld gemäß Preisliste in ein danebenstehendes Marmeladenglas einwarf. Das war also wirklich eine einsame Gegend, die von den Leuten, die sich dabei zu viel Wechselgeld mitnehmen, anscheinend in erfreulich geringem Maße entdeckt worden war.

Der Zeltplatz Tversted irgendwo zwischen Skagen und Hirtshals in der Nähe der Nordwestküste war leider schon voll. Genaugenommen reichte der Platz so gerade noch für ein Zelt und ein Fahrrad und so gerade nicht mehr für ein Zelt und ein Auto. Aber der Beweis, daß ich kein Auto dabei hatte, ist mir zum Glück irgendwie gelungen.

Am nächsten Tag ging es bei ebenso strahlendem Sonnenschein weiter Richtung Skagen. Das letzte Stück auf der N 40 hatte leider recht viel Autoverkehr, war aber andererseits recht schnell durchfahren. In Skagen gab es dann erstmal einen schönen und bei dem Wetter auch stark belebten Badestrand, wo man sich etwas abkühlen konnte. Nach dieser kleinen Pause erlaubte ich mir, der Straße bis zu ihrem Ende zu folgen. Dort ging ich den letzten Kilometer bis zur Spitze der Landzunge an Skagerrak und Kattegat zu Fuß. Ich sah von dort ein Schiff vorbeifahren, das nach Süden fuhr und nach meinen Informationen in Fredrikshavn anlegen sollte und in dem ich dann auch noch am selben Tag mitfahren wollte. Das erinnerte mich dann doch recht deutlich daran, mich zu beeilen, weil so ein Bötchen durchaus schneller ist, als man so annimmt. 19 Knoten sind eben ungefähr 35 km/h.

So nahm ich einen Strandbus für den Kilometer zurück zu meinem Fahrrad in Anspruch. Diese "Busse" waren Traktoren mit zweiräderigen Anhängern, in denen die Fahrgäste sich durchschütteln lassen durften. Lange wollte ich danach auch nicht mehr warten, um mich von dem Rütteltest meiner Fotoausrüstung zu erholen und fuhr einfach mit etwas weniger Erschütterungen aus eigener Kraft weiter. In den Dünen zwischen der Küstenstraße und dem Meer gab es irgendwo eine alte Kirche, die einmal von Wanderdünen verschüttet worden war, aber später wieder zum Vorschein kam. Der Turm stand noch und das war ein schöner Anblick, nicht nur für mein Objektiv. Das Wetter war auch gut genug für dessen Anwendung ohne Stativ, denn das hatte Walter leider im Zug mitgenommen.

Nach dieser kleinen Pause mußte ich mich dann wieder beeilen und weiter nach Süden fahren, denn in Fredrikshavn sollte das gute Schiff ohne Rücksicht auf potentielle Fahrgäste nach gut einstündigem Aufenthalt wieder ablegen. Vielleicht zehn Minuten früher als nötig erreichte ich noch den Hafen und fuhr mit meiner noch schnell gekauften Fahrkarte an Bord. Eine gute Stunde später war dann die Szene umgekehrt zu sehen, ich sah vom Schiff aus die Landspitze bei Skagen.

Teil 2

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Nun befand ich mich also an Bord eines fahrplanmäßigen Fährschiffes, das irgendwo nördlich oder nordöstlich von Westdänemark unterwegs war, um meine Radtour am jenseitigen Ufer fortsetzen zu können. So eine Seefahrt ist lustig und schön und so weiter, doch sie endet auch irgendwo in einem schönen kleinen Hafen in Larvik. Wäre es Narvik gewesen, hätte ich vermutlich noch mehr von der Seereise gehabt. Aber die Wasserfahrzeugbenutzung war ja mehr als unvermeidlicher Teil einer Landreise gedacht, die dann etwas südwestlich von Oslo wieder in ihrer eigentlichen Form fortgesetzt werden sollte. Wie das so ist, wird es auch nach sehr langen Tagen einmal dunkel, denn das Gebiet der Mitternachtssonne hatte ich ja mit dem Schiff noch lange nicht erreicht, und ich mußte mein für eine Person etwas überdimensioniertes Zelt auf so einem ziemlich gebührenpflichtigen Rasen im Rande von Larvik aufstellen.

In diesem Sommer war anscheinend Norwegen von einer Dürre ungewöhnlichen Ausmaßes betroffen. Das war natürlich für die Radtouristen und insbesondere für die fotografierenden Radtouristen erfreulicher als für die Bauern, die wirklich an vielen Stellen ihre Felder künstlich bewässern mußten. Das ist in einem für seine starken und vor allem häufigen Regenfälle berüchtigten Land durchaus eine Überraschung, insbesondere, wenn man vergißt, daß sich die Regenfälle vor allem in der Nähe der Küste häufen. So fuhr ich auf der N 8 nach Norden und kam abends durch Kongsberg, das einer der vielen Orte ist, die (nach Übersetzung ihres Namens) Königsberg heißen und von denen wohl Montreal der größte ist.

Nördlich davon wollte ich dann endlich einmal wieder richtig schön im Walde zelten, aber das erwies sich als gar nicht so realistisch, denn die schönen Waldwege, die ab und zu abzweigten, führten oft in den Garten eines einsamen Blockhauses, dessen Bewohner auch zufällig jedesmal nicht erreichbar genug waren, um mir die Zustimmung zum Zelten in ihrer Sichtweite zu erteilen. Aber dann kam irgendwann doch der Weg ohne Blockhaus und die schöne Nacht, nach der man nicht vom Autolärm, sondern von Vogelgezwitscher aufwachen durfte. Die in der Nähe vorbeiführende N 8 hatte ja viel weniger mit Autolärm zu tun, als man dies von einer Nationalstraße so erwarten würde.

In dem Tal, dem die N 8 übrigens schon seit Larvik hauptsächlich folgte, floß einer dieser Flüsse, die Lågen heißen. Aber es gab auch eine kleine Bahnlinie, die von Kongsberg nach Rødberg verlief und die witzigerweise statt Schotter Sand zwischen den Schwellen hatte. Vermutlich war das nicht gerade eine Hochgeschwindigkeitsstrecke, zumindest habe ich da keinen Schnellzug fahren gesehen.

In Nore gab es eine ganz kleine alte Stabkirche, die wohl nicht von den Haupttouristenströmen frequentiert wurde. Leider sind die Dinger ja aus Holz und waren deshalb im Laufe der Jahrhunderte auch manchmal brennbar, sonst gäbe es noch mehr davon. Diese Kirche wurde anscheinend nicht mehr für den alltäglichen (oder doch zumindest allsonntäglichen) Gottesdienst verwendet und schon gar nicht für den Gottesdienst am Weihnachtsabend, weil sie so klein war. Aber zum Beispiel bei Hochzeiten sollte sie sich (nicht nur bei sparsamen Leuten) noch großer Beliebtheit erfreuen.

In Rødberg war dann ein schöner Stausee und ab da stand dann bis Geilo, das an der Bahnlinie Bergen -- Oslo liegt, kein Gleis mehr zur Verfügung. Zum Glück hielt das Fahrrad auch so gut durch, daß ich mich unter diesem Gesichtspunkt auch vorher nicht dafür interessieren mußte, ob die Strecke vielleicht nur Güterverkehr oder auch Personenverkehr und eventuell sogar Züge mit Fahrradmitnahmemöglichkeit aufwies. Kurz hinter Rødberg gab es einen landschaftlich wunderbar gelegenen kleinen Zeltplatz, der mit vielen Büschen und kleinen Bäumen bewaldet war und an einem kleinen Badesee lag.

Auf der Strecke, die ich am nächsten Tag befuhr, wurde das Tal des Lågen wohl für eine kurze Strecke für den Straßenbau zu eng oder es gab einen anderen Grund, jedenfalls verlief die Straße jetzt eine Weile abseits des Flusses, um ihm dann kurz vor der Auffahrt zu einem Paß noch einmal wieder zu begegnen. Oben waren dann die Bäume schon etwas dünner, aber es ging dann bald wieder ein Stück herunter nach Geilo (ausgesprochen so ungefähr wie "Jäilo").

Von da ab fuhr ich auf der N 7 neben der Hauptbahn und auch neben etwas stärkerem Autoverkehr, der aber wohl bei einem Vergleich mit den von mir gewohnten Verhältnissen doch noch als extrem gering bezeichnet werde mußte. Die grobe Fahrtrichtung änderte sich mehr und mehr von Nord nach West, wobei bei den vielen Kurven die Richtung sowieso nicht so leicht zu bestimmen war, weil sie sich dauernd änderte. Jedenfalls kam ich an einem großen See vorbei und dann kam so ein Trivialzeltplatz, der fast nur aus einer Wiese mit einem Wasserhahn bestand und sicherlich nur von Leuten auf der Durchreise benutzt wurde. Die Gebühr richtete sich deshalb auch konsequenterweise nach der Anzahl und Tonnage der mitgeführten Autos.

Das war aber auch schon die letzte Übernachtungsgelegenheit außerhalb des dann noch folgenden Hotels vor der Überfahrt über das Hardangervidda. Da ging es dann über Dutzende von Kilometern (vielleicht waren es ungefähr fünf Dutzend) über das Hardangervidda, eine Hochebene oberhalb der Baumgrenze. Neben der Straße lag der Schnee vom Winter teilweise noch fünf oder sechs Meter hoch. Das daran angelehnte Fahrrad sah direkt winzig aus. Gelegentlich gab es auch Seen ohne Eis neben der Straße und in der Ferne auf dem anderen Ufer konnte man die schneebedeckten Berge erblicken.

Faszinierend ist auch ein riesiger Gletscher, der zu zwei Seiten abfließt und dessen andere Seite man von der Bahnlinie aus zu sehen bekommt. An anderer Stelle befand sich ein flaches tragfähiges Schneefeld direkt neben der Straße, auf dem sich Leute auf Matten sonnten. Sehr kalt war es ja auch gar nicht einmal. In der Gegend liefen auch diese schönen Rentiere herum. Die sind normalerweise sogar so zutraulich, daß man mit einem 300 mm Teleobjektiv nah genug herankommen kann, um ein einigermaßen formatfüllendes Bild zu machen. Nur leider hatte der Spezialist mit der Autofokussucherkamera und dem festeingebauten Weitwinkel auch den Ehrgeiz, so ein Foto zu schießen und dabei auch noch einen beträchtlichen Vorsprung vor mir. So haben wir jetzt wohl alle in unserem Album Bilder, auf denen man die hübschen Tierchen nur in der Ferne sehen kann. Aber man hat eben wie immer bei solchen Fotos keine Chance. Im Winter, wenn die Weitwinkelfotografen nicht stören, haben die Rentiere ihr weißes Fell und dann sieht man sie auch aus größerer Nähe nicht so gut.

Teil 3

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Als es dann nach Überquerung des Hardangervidda wieder langsam nach unten ging, kam ich an einem großen Stausee vorbei, der rechts neben der Straße in der Ferne zu sehen war und dessen Damm nicht aus einer Betonwand, sondern aus einer Felsschüttung bestand. Wenig später fuhr ich durch ein breites Tal, das auf eine Felswand zulief, die man in der Ferne sehen konnte. Irgendwo schien diese Wand eine Stelle zu haben die so aussah, als wäre ein Stück herausgebissen. Wie sich herausstellte, kam diese Stelle auch immer näher. Ich hätte sogar wegen des leichten Gefälles nicht einmal viel dafür tun müssen.

Als ich endlich da war, sah die Sache natürlich ganz anders aus, als man sich das von der Ferne vorgestellt hatte. Der ziemlich viel Wasser führende Fluß des Tales, aus dem ich kam, stürzte dort plötzlich in einem riesigen Wasserfall in ganz eine schmale tiefe Schlucht und floß mit einem kleinen, von noch weiter oben kommenden Fluß zusammen. Da bekam ich den berühmten Vøringfoss zu sehen, der wirklich ein sehr eindrucksvolles Erlebnis war. Mit den Fotos davon war es so eine Sache wie mit den Fotos von Haien. Um wirklich gute Ergebnisse zu bringen, hätte es etwas Risikofreude erfordert, um an die günstigsten Stellen zu klettern, wo vielleicht auch nicht die ganzen Bustouristen im Wege gewesen wären. Weil ständig Touristenbusse ankamen, konnte man auch nicht auf eine diesbezügliche Ruhepause warten, auch wenn die natürlich nur jeweils ganz kurz hielten, um ihren Zeitplan für die Skandinavienrundreise in 10 Tagen nicht zu gefährden.

Man wird es kaum glauben, aber durch diese Schlucht ging es jetzt noch weiter nach unten, ziemlich steil sogar, denn das Wasser hatte ja schon zu Beginn seines hinter dem Wasserfall folgenden Flußlaufes, der auch nicht gerade Flachlandcharakter hatte, ungefähr 200 Höhenmeter Vorsprung, denen die Straße durch zum Teil abenteuerliche Serpentinen und Kehrtunnel folgen mußte. Nach etwas Zickzack des Tals kam unten ein See, der am Zusammenfluß von Flüssen aus mehreren Tälern in einem großen Talkessel lag und im Norden und Süden bis an die Felswände reichte, aber im Bereich der Flußmündungen einem kleinen Dorf mit Zeltplatz Raum bot.

Da mir die Stelle sehr gut gefiel und ich auch noch ein bißchen Zeit vor der Ankunft an dem Ziel dieser Fahrt vertrödeln mußte, blieb ich gleich für zwei Nächte. Die Stelle, an der ich mein Zelt dann nach etwas Überlegungen doch nicht aufgebaut hatte, wurde übrigens in der Nacht durch ein Ansteigen des Wasserspiegels unter Wasser gesetzt. Manchmal hat man eben Glück. Das Wasser war ja auch noch so kalt, daß ich es zumindest am Morgen vor dem Frühstück nicht schaffte, dort schwimmen zu gehen. Dabei badeten die einheimischen Kinder dort so, wie andere im Sommer im Mittelmeer zu Zeiten, als die Wasserqualität dem noch nicht entgegenstand.

Ich machte mich dann an dem Ruhetag zur Abwechslung zu Fuß auf den Weg, denn zumindest das Fahrrad sollte sich wirklich ordentlich erholen können. Dabei entschloß ich mich zur Erkundung eines anderen Tals und kam dann auch an die Stelle, wo nach dem Zufluß mehrerer hoher Wasserfälle von den Seiten das Haupttal zuende ging und der Weg nach oben serpentierte. Aber die Kante ließ sich nie erreichen, immer ging es dann doch noch weiter, als ich an der Stelle war, die von unten so aussah, als könnte man von dort die Hochebene einsehen. Hell gewesen wäre es ja noch länger, aber das sollte ja ein Ruhetag sein und so kehrte ich dann irgendwann doch um. Das war wohl noch lange bevor die Tatsache richtig zum Tragen kam, daß die Bergpfade vermutlich irgendwo auch so werden, daß man die übliche Bergausrüstung und vor allem richtige Schuhe dafür braucht, die ich nicht mitgeführte.

Am nächsten Morgen fuhr ich am Rand des Sees entlang und dann weiter zu einer ziemlich weit nach Osten ragenden Spitze des Hardangerfjords, was von dem See aus nicht mehr weit war. Dort in der Nähe konnte man ein sehr großes Wasserkraftwerk besichtigen, zu dem unter anderem der Stausee mit dem Gerölldamm gehört. Jetzt war ja eigentlich Flachland angesagt, weil ich mich ja neben dem Fjord nur noch wenig über der Meereshöhe befand. Ausnahmsweise kam das hier sogar ungefähr hin und ich kam so einigermaßen schnell beim Sørfjord an. Dort nahm ich die Fähre von Kinnsarvik nach Kvanndal, die sich auf einer Radtour im Jahr davor schon so gut bewährt hatte.

Weil mir eine Radtour im Jahr davor so gut gefallen hatte, hatte ich mir bei der hier beschriebenen Radtour nicht die Mühe gemacht, mir eine wirklich neue Route auszudenken und mich stattdessen mit geringfügigen Variationen der Route des vorigen Jahres begnügt. So war diesmal die dänische Westküste der Weg zur Ostseefähre, die dann aber selbst von der Ostküste abfuhr, während ich es im Jahr davor umgekehrt gehalten hatte. In Norwegen hatte ich im Jahr davor einen Weg an der Küste eingeschlagen, um dann von Haugesund nach Kinnsarvik zu fahren, während ich diesmal konsequent durch das Landesinnere fuhr. Aber nun wurde es noch schlimmer, ich fuhr nach der Fährüberfahrt sogar über dieselbe Straße wie 1988 nach Voss. Der Weg war auch genauso schön, abgesehen davon, daß von der erwähnten Dürre nicht mehr ganz so viel zu merken war.

Voss durchfuhr ich dann allerdings sofort ohne dort zu übernachten und folgte dann einem Tal, das zunächst von der N 13 zusammen mit der Bahn nach Bergen benutzt wurde, weiter. Nur wählte ich diesmal nicht wie im Jahr davor die Baustraße, die direkt unten blieb, sondern die offizielle Straße, die für einen Teil des Weges durch ein Hochtal über die Berge verlief. Da ließ sich dann während der Auffahrt auch irgendwo eine schöne Stelle mit guter Aussicht finden, wo mein Zelt und mein Fahrrad für eine Nacht abgestellt wurden.

Am nächsten Morgen fuhr ich wieder frischen Mutes weiter, sogar noch etwas weiter nach oben. Da war dann eine ganz einsame Gegend mit ein paar Seen und ein paar Schafen, die einfach auf der Straße herumliefen, in der begründeten Hoffnung, daß sie dort sowieso keinem so starken Autoverkehr ausgesetzt waren. Dann ging es so langsam oder genauer gesagt sehr schnell wieder nach unten. Hier waren ein paar Staustufen mit insgesamt ziemlich großen Höhenunterschieden zu sehen. Die N 13 war auch nur einspurig mit sehr wenigen Ausweichstellen und sehr vielen sehr engen Kurven. Auf meiner Landkarte war sie verständlicherweise ausdrücklich für Fahrzeuge mit Wohnanhängern nicht empfohlen, obwohl die etwa 40 km längere E 68 natürlich auch über weite Strecken nur einspurig mit Ausweichstellen war.

Unten war dann Dale nach einer langen Strecke wieder der erste Ort, von wo ich noch weiter nach Bergen fuhr. Die Bevölkerungsdichte und leider auch die Autodichte nahm immer mehr zu und in den Tunnels war die Luft auch nicht mehr ganz so gut, wie ich es sonst gewohnt war. Am Abend fand ich dann vielleicht 10 oder 20 Kilometer vor Bergen einen Zeltplatz, der sich für die darauffolgende Nacht in Anspruch nehmen ließ. Der Weg nach Bergen war dann auch nicht mehr weit und damit endete die Radtour eigentlich auch schon, wenn auch die Reise auf der Schiene noch etwas weiterging.

Für die Fans von Kilometerstatistiken habe ich hier noch eine kleine Tabelle gebastelt. Wer das Lesen solcher Zahlenkolonnen unzumutbar findet, die sogar mit Lynx auch noch recht unlesbar werden, braucht sie sich ja nicht anzusehen.

Für diejenigen, die bunte Bilder erfrischender als trockene Zahlen finden, gibt es immerhin schon einmal eine Landkarte mit dem Routenverlauf.