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Mit vier Kindern und einem Tandem durch Finnland und Schweden

Karl Brodowsky, gefahren 2000-07-11 bis 2000-08-13, geschrieben 2000

Teil 5

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Hier waren wir kurz vor Noppikoski, einer der drei Bushaltestellen zwischen Mora und Sveg. Morgens schlich eine junge Frau in der Nähe unsere Zeltes herum, mit einer großen Antenne auf der Schulter. Wir vermuteten erst, daß sie von der Mobiltelefongesellschaft komme, aber es stellte sich dann heraus, daß sie für das Bärenprojekt arbeitete. In der Gegend leben nämlich recht viele Bären und man hat einen stattlichen Teil mit Sendern markiert. Unsere morgendliche Besucherin arbeitete für das Bärenprojekt und hatte einen Kilometer von unserem Zelt einen dieser Wildteddys geortet. Zu unserer Beruhigung war es sicher dienlich, daß die Bären in Schweden ungefährlich sein sollen, während in Nordamerika durchaus einmal ein Unglück vorkommen könnte. Aber auch in Nordamerika sind die häufigsten Todesfälle im Zusammenhang mit Tieren Wildunfälle auf der Straße. Unglücke mit aggressiven Haustieren oder gar aggressiven Wildtieren sind dagegen geradezu verschwindend selten.

Auf dem Weg nach Noppikoski brach dann auch noch die dritte Speiche und der Reifen wurde auch noch platt. Ich hatte mich in Sveg natürlich über die Busfahrpläne auf dieser Strecke schon informiert und wir wußten, daß nun eigentlich der Bus vorbeikommen sollte. Er kam auch, hielt sogar auf der Strecke an, aber der Fahrer meinte, er hätte keine Zeit und es käme ja gleich der nächste Bus. Nach Fahrplan war dieses "gleich" etwa vier oder fünf Stunden später, denn es gab nur zwei oder drei Busse pro Tag. Es reichte jedenfalls, um noch die paar Kilometer nach Noppikoski zu laufen. In Noppikoski stellte sich heraus, daß tatsächlich nur diese beiden Busse fuhren. So ließ ich einen Teil des Gepäcks noch zurück. Zum Glück war hier eine recht schöne Stelle für die Zeit bis der nächste Bus kam. Bernhard und ich brachen mit dem Tandem sofort auf, denn wir wollten ungefähr zur gleichen Zeit in Mora ankommen.

Die nächste Pause machten wir bei der Querung des Flusses Amån, der schon zum Orsasee floß. Doch uns war es nicht vergönnt, einfach dem Flußtal zu folgen, sondern die Straße stieg auf der anderen Seite noch einmal in eine Hochebene an. Bald hatten wir eine herrliche Aussicht. Irgendwann ging es dann wieder ins Tal zurück und wir kamen zu den Ausläufern von Orsa, wo uns dann auch irgendwann der Bus überholte. Es hatte anscheinend tatsächlich geklappt mit der Fahrradmitnahme im Bus. Das ist ja doch immer ein bißchen Glücks- und Verhandlungssache. Von Orsa nach Mora ist es nicht mehr so weit und die Strecke kennen wir auch schon von den Radtouren 1994 und 1999.

Wenig später telefonierten wir und wir trafen uns dann beim Bahnhof. Ich lud den Anhänger mit dem meisten Gepäck voll und fuhr schon zum Zeltplatz, um uns anzumelden. Eigentlich wollten wir wieder dieselbe Stelle auf den Zeltplatz aufsuchen, wo unser Zelt schon 1994 und 1999 stand, aber bekanntlich war in diesem Jahr in dieser Gegend von Schweden Hochwasser. Das betraf auch den Zeltplatz, der zu einem großen Teil unter Wasser stand und wo sich Wasservögel, aber auch Mücken wohlfühlten. Das hinderte uns natürlich nicht daran, doch noch einen trockenen Fleck zu finden.

Der nächste Tag in Mora war eigentlich ziemlich traurig, denn nun war das Wegschicken der Fahrräder angesagt. Man soll sie ja nicht der SJ anvertrauen, aber für den Rückweg war das Risiko ja nicht mehr so groß. Das kaputte Fahrrad war sowieso nicht mehr fahrfähig und ein Versuch, den Reifen zu flicken endete mit einem neuen Luftverlust beim Aufpumpen. Natürlich befördert SJ von Mora aus keine Fahrräder mehr, sondern hat dies der Busgesellschaft Busgods überlassen. Irgendwo würde dann schon SJ die Räder für den Weitertransport übernehmen. So mußten wir einige Kilometer zum Busdepot laufen bzw. fahren. Dort nahm man die Fahrräder auch an und sie wurden nach Malmö versandt. Nicht etwa nach Schaffhausen, das wäre vielleicht für SJ zu peinlich, in welchem Zustand die Räder dort ankommen.

Für den Rückweg vom Busdepot nahm mich ein Busfahrer mit, der sowieso gerade vom Depot nach Mora fahren mußte. Dort besorgte ich noch ein gemietetes Mountainbike. Nun mußten wir uns abwechseln. Am Abend konnte man damit noch eine kleine 30 km-Runde am Ufer des Siljansees entlang in Richtung Rättvik fahren, während ich mit den Kindern an den Strand ging, wo wir einen kleinen Fluß bauten und etwas badeten.

Für die letzten Tage in Mora hatten wir auch noch genug Pläne. Mora war doch schon im vorigen Jahr der Traumort unserer Kinder gewesen. An diesem Tag nahmen wir uns die Heimat des Weihnachtsmanns vor, der nach Ansicht der Schweden im Tomteland bei Mora wohnt und nicht etwa womöglich irgendwo in Finnland. Wir teilten uns auf. Ich nahm auf dem Hinweg mit den Kindern den Bus und kam deshalb auch etwas früher an. Die Familienkarte konnte ich natürlich schon kaufen.

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Auf dem Rückweg nahm ich das Fahrrad und vollendete die begonne Siljanrunde. Irgendwo zweigte ein kleiner Feldweg ab, der als Alternativ-Strecke für den Siljansleden gekennzeichnet war und teilweise ganz nah am Ufer verlief. Auch hier hatte sich natürlich das Ufer verschoben. Anscheinend war diese Strecke dann doch auch für das MTB eine Nummer zu hart, jedenfalls brach auch hier die einer Speiche. Aber mit etwas gutem Willen konnte ich doch noch weiterfahren. Kurz vor Leksand kam ich dann durch eine Gegend, wo die Dörfer fast wie Freilichtmuseen waren. Lauter schöne alte Holzhäuser neben der Straße. Leider wurde langsam die Zeit knapp und ich mußte doch mehr oder weniger auf der N 70 weiterfahren, um die Runde noch zu schaffen. In Rättvik konnte ich noch etwas zu essen bekommen und irgendwo bei Gargås oder so wurde ich dann wieder zum richtigen Mountainbiker und fuhr auf dem Waschbrettweg, der sich hier Siljansleden nannte in Richtung Mora. Zum Glück hatte ich das Batterielicht mit, denn nun wurde es doch langsam dunkel und da war wohl auch wieder die N 70 als schnellste Verbindung für den Rest des Weges angesagt.

Für den heutigen Tag hatten wir uns den Besuch beim Bärenpark vorgenommen. Dummerweise machte der Fahrradladen erst sehr viel später auf und so konnte ich erst später hinterher kommen. Ich fuhr eine kleine Runde in Richtung Oxberg und dort über eine Brücke am Rande von Mora, die je nach Landkarte existiert oder auch nicht, zurück. Danach hatte der Fahrradladen offen und ich konnte die Leute auch davon überzeugen, daß die Speiche trotz für MTBs üblicher Verwendung gebrochen war. Jedenfalls wurde der Schaden sofort behoben. Auf dem Weg zum Bärenpark wollte ich natürlich eine mehr MTB-gemäße-Strecke wählen und fuhr wieder auf der N 70 ein Stück aus Mora heraus, um dann auf dem Westufer des Orsasees eine schöne kleine Straße zu finden. Irgendwo gab es dann eine unauffällige Abzweigung nach links und einen Waldweg, der mich dem Bärenpark näher bringen sollte. Natürlich kam dann noch einmal eine Abzweigung und auch da fand ich irgendwie den richtigen Weg und kam tatsächlich bald auf die Asphaltstraße nach Grönklitt, und auch nach Grönklitt selbst. Diese Abzweigung versuchte ich mir so gut wie möglich einzuprägen. Den Bärenpark sahen wir uns zusammen an.

Ich fuhr mit dem Bus zurück und besuchte mit den Kindern noch das Schwimmbad, das direkt neben dem Zeltplatz lag. Da gab es noch eine kleine Attraktion, nämlich eine besonders rasante Rutschbahn. Sogar Christina wollte da alleine rutschen und als wir am gehen waren sagte mir der Bademeister, das wäre kein Problem, wenn sie das wollte und wir nichts dagegen hätten. Zu spät.

Unser Zug sollte irgendwann so um 15:30 fahren. Da hatten wir noch Zeit, irgendwas tolles zu machen. Morgens früh fuhr ich noch eine größere Runde mit dem MTB auf dem Vasalaufweg und ein bißchen drumherum. Da müßte es Stichwege in die Wälder und Moore geben, die bestimmt lohnend sind. Aber die Zeit war kurz und ich kam zurück. Auch das Mountainbike mußte nun zum Fahrradladen zurückgebracht werden. Aber die Zeit reicht gerade noch, um noch einmal zusammen das Schwimmbad ausgiebig zu besuchen. Diesmal rutschte Christina auch tatsächlich einmal alleine. Draußen gab es noch größere Rutschbahnen, die allerdings ein bißchen kalt waren.

Mit einem Taxi fuhren wir zum Bahnhof und irgendwann kam auch unser Zug. Natürlich hatte der einen Gepäckwagen. Warum dann unsere Fahrräder mit dem Bus und nicht mit dem Zug transportiert wurden und warum wir sie vor allem nicht einfach selber in diesen Gepäckwagen einladen durften, wie das z.B. in der Schweiz oder in Deutschland möglich ist, bleibt teilweise ein Rätsel. Angeblich gehört der Wagen nicht SJ, sondern Resgods, also einer völlig anderen Firma. Deshalb ginge das nicht. In der Schweiz geht so etwas komischerweise problemlos. Sogar die Post, die ja wirklich eine total andere Firma ist, vermag Fahrzeuge im Zug mit der SBB zu teilen. Aber vielleicht waren unsere Fahrräder ja schon wohlbehalten in Malmö eingetroffen. Man soll die Hoffnung nicht aufgeben.

Nach einer schönen Zugfahrt bis Stockholm über Rättvik, Leksand, Borlänge, Uppsala und Arlanda konnten wir gerade auf demselben Bahnsteig den Nachtzug nach Malmö besteigen und sogar unser ganzes Gepäck gut unterbringen. Und wir konnten da wirklich gut schlafen.

Morgens in Malmö ging ich erst einmal die Fahrräder holen. Die gute Nachricht: Sie waren tatsächlich da. Die schlechte Nachricht: Sie waren tatsächlich kaputter als vorher. Beim Tandem hatte sich eine Kette so komisch verheddert, daß man es fast nicht mehr schieben konnte. Das Rücklicht war zerbrochen. Und beim Anhängerfahrrad war der Lenker abgebrochen. Der Eisenbahner versicherte mir, daß das "nichts" sei. Eine gebrochene Speiche oder ein abgebrochener Lenker, so etwa könne einmal vorkommen. Nur bei ernsthaften Schäden würden sie sich zuständig fühlen.

Wo ich gerade schon beim Beschweren war, ging ich noch zu einem Stand von SAS, und die zu fragen, wie das mit der Mitnahme eines Tandems von Zürich aus so üblich wäre. Kurze Zeit später erhielt ich per Mail die Auskunft, daß es selbstverständlich möglich sei, ein Tandem mitzunehmen und daß ich mich in Schweden melden sollte, wenn es noch einmal Probleme gebe.

Ziemlich enttäuscht spannten wir unser Gepäck auf die Fahrräder und stellten die an einer halbwegs überwachten Stelle ab. Dann gingen wir zu Fuß weiter, um das Seefahrtsmuseum zu besuchen. Rechtzeitig für unseren nächsten Zug gingen wir wieder zum Bahnhof. Natürlich war es keine leichte Sache, mit den Fahrrädern überhaupt in den Bahnhof zu kommen. Die meisten Eingänge und Bereiche waren ganz explizit für Fahrräder gesperrt und es war natürlich auch wegen enger Türen, Treppen u.s.w. schwierig, da durchzukommen. Nur an der einen Seite, links aus Sicht der ankommenden Züge, durfte und konnte man mit Fahrrädern in den Bahnhof kommen. Angesichts der Tatsache, daß dies der Zugangspunkt zu der rollenden Europastraße nach Kopenhagen ist, etwas kläglich. Die Züge nach Kopenhagen nehmen ja tatsächlich Fahrräder mit und man kommt sogar ziemlich gut in die Züge rein, soweit ich das sehen konnte.

Aber wir mußten ja über die ganz traditionelle Strecke nach Rügen. Ein Interregio-Zug mit zwei Wagen stand auch dort und SJ ertrug es hier, daß man Fahrräder im Zug mitnahm, wenn sie uns auch androhten, während des Einladens wegzufahren. Wie üblich ging es in Trelleborg über die Fähre und dann kamen wir in Saßnitz an, das seinen Namen für den neuen Fährhafen bei Mukran hergeben mußte, also eigentlich in Mukran. In Bergen (Rügen) mußten wir dann schon aussteigen und da hatten wir dann noch ein bißchen Zeit für einen ganz kleinen Stadtrundgang.

Irgendwann tauchte dann unser Nachtzug nach Heidelberg auf. Natürlich existierte der Wagen, für den wir unsere Fahrradreservierungen gemacht hatten, nicht. Und natürlich waren alle anderen Fahrradplätze schon total überfüllt, zumal noch einige große Säcke in den Fahrradabteilen transportiert werden mußten. Aber die Eisenbahner gaben sich Mühe, eine Lösung zu finden und so brachten wir alle Fahrräder doch noch unter, ohne daß sie dabei noch weitere Schäden bekamen. Bis Heidelberg konnten wir noch ein bißchen schlafen.

Als wir morgens in Heidelberg ausstiegen, mußten wir die Bahnsteige wechseln. Das war früher mit den Treppen immer zu mühsam und so nahmen wir uns vor, die Rampen mit dem Schild "Betreten verboten" zu benutzen. Überraschenderweise fehlte dieses Schild bei beiden Rampen und es stellte sich heraus, daß das nicht etwa ein Versehen, sondern sogar Absicht war. Der Transport von Post und aufgegebenem Gepäck mit der Bahn spielen in Deutschland keine große Rolle mehr und deshalb wurden diese Rampen nicht mehr für diesen Zwecke benötigt, man konnte sie also den Fahrgästen zur Verfügung stellen. Die unterirdischen Zugänge zu den nahegelegenen Postämtern waren aber zugemauert.

Der vorletzte Zug war so ein Interregio nach Konstanz und da konnten wir gut unsere Fahrräder im Steuerwagen unterbringen. Leider gefiel es der Schaffnerin nicht, daß das Tandem parallel zur Fahrtrichtung am Rand stand und sie legte Wert darauf, daß wir es diagonal an der Decke aufhängen, wie es die richtige Art für Tandemtransport ist. Warum nicht. Es ist ja eigentlich erfreulich, daß die deutsche Bahn so viel Erfahrung mit Transport von Fahrrädern hat, daß sie sogar wissen, wie man ein Tandem unterbringen soll.

Das letzte Stückchen von Singen nach Schaffhausen wären wir ja gerne noch selber gefahren, aber mit den leicht lädierten Fahrrädern suchten wir uns dann doch lieber den nächsten Zug. Wir mußten ja sowieso noch zum Bahnhof, um unsere Jahresnetzkarten für die Schweiz zu erneuern.

Weil alles andere als die Kilometer und Geschwindigkeiten ja uninteressant ist, habe ich hier noch eine kleine Tabelle geschrieben, die derartiges Zahlenmaterial enthält.

Im nächsten Jahr wird es wieder etwas anders laufen, weil Bernhard da selber fahren soll, Ulrich auf das Tandem kommt und Heidrun auf das Anhängerfahrrad. Wir lassen uns einmal überraschen, wohin uns die Fahrräder dann fahren werden.

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