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Furka-Rhone

Eine Fahrt durch das obere Rhonetal 2005-09-10 - 2005-09-11

Karl Brodowsky, gefahren 2005, geschrieben 2005

Einleitung

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Immer wieder besteht der Bedarf, so eine kleine Wochenendradtour zu planen. Man muß dabei immer berücksichtigen, daß es von den Entfernungen und Höhenmetern machbar ist und daß Hin- und Rückreise sich noch zeitlich unterbringen lassen. Praktisch ist, daß die Schweizer Bahnen fast durchgängig Studentakt anbieten und dabei fast alle Züge Fahrräder mitnehmen. Mit dem Tandem ist es etwas schwieriger, aber das ließ sich bisher eigentlich auch jedesmal machen. Der Furkapaß mit seinen etwa 900 Höhenmetern ab Realp ist mit dem Tandem ganz gut zu schaffen. Da die Straße danach durch das Rhonetal führt und dort stets auch eine Bahnlinie verläuft, konnten wir es einfach offen lassen, bis wo wir noch fahren würden. Ich fuhr mit Christina (7) auf dem Tandem, für die Übernachtung nahmen wir ein Zelt mit.

Tag 1: 2005-09-10 (6)

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Für die Anreise mußten wir berücksichtigen, daß es von Göschenen nach Realp kleine Lücken im Stundentakt gab. So bot es sich an, den Zug um 8:09 ab Schaffhausen zu nehmen, so daß wir mit zweimal Umsteigen nach Realp kamen. Ab Göschenen ist die Strecke eine Schmalspurbahn. Diese verschwindet in Realp in einem fast 20 km langen Tunnel. Früher verlieft die Strecke als Zahnradbahn bis fast zur Paßhöhe und durchquerte nur einen kurzen Tunnel. Diese alte Strecke ist jetzt teilweise wieder in Ordnung gebracht worden und wird von Dampfzügen befahren. Das ist sicher einmal eine Reise wert, aber diesmal wollten wir ja selber über den Paß fahren. Auf den ersten Blick unnötigerweise geht die Straße sofort mit Serpentinen einigermaßen steil hoch, wo doch die alte Dampfbahn bequem unten im Tal bleibt, sogar begleitet von einer asphaltierten Straße.

Als wir etwa ein Drittel der Höhe geschafft hatten, machten wir eine kleine Pause. Ähnlich wie beim Albulapaß ist auch hier die östliche Seite eher von Weiden als von Wäldern geprägt. Man sieht die verschiedenen Quellflüsse des Reuss und hat sogar für eine lange Zeit einen Blick auf die nördliche Auffahrt zum Gotthardpaß. Bald kamen wir auf einen etwas flacheren mittleren Teil der Rampe, der auch ohne Serpentinen auskam. Ziemlich weit oben durchquerten wir sogar noch den Ort Tiefenbach. Langsam ließ sich auch erkennen, warum die Bahn und die Straße auf getrennten Höhen verliefen. Die Bahn folgte dem Flußlauf und blieb damit die ganze Zeit weit unterhalb der Straße. Der eigentliche Paß wird ja mit einem kurzen Tunnel durchquert. Das Sträßchen neben der Bahn begleitet diese noch ein Stück, aber es scheint noch gewisse Stichwege nach Süden zu geben. Aber so eine Gleis mit Zahnstange und ein Tunnel mit Dampfloks war ja an diesem Tag nicht dran.

Bei gut 2/3 der Höhe machten wir noch ein Pause. Der letzte Teil des Anstiegs war wieder etwas steiler, bis wir in der Nähe der Paßhöhe einen fast flachen Abschnitt hatten. Auf dem Paß selbst gab es kein Hospiz, um Aufkleber und Eis zu kaufen. Stattdessen fand sich dort das eine oder andere Gebäude, vor allem eine stillgelegte Autowerkstatt. Das wirkte alles ziemlich verlassen.

So genossen wir die Aussicht, aber fuhren bald wieder ein Stück auf der anderen Seite herunter. Nach kurzer Fahrt waren wir bei einem größeren Hotel und Restaurantkomplex neben dem Rhonegletscher. Die Besonderheit war, daß man auf einem Fußweg bis zum Gletscher gehen konnte und sogar durch künstlich angelegte Höhlen den Gletscher von innen besichtigen konnte. Interessant waren die verschiedenen Eissorten und das Licht. Weiter außen war das Eis wie ein Schwamm, durch dessen Hohlräume Wasser floß. Weiter innen war es ziemlich fest und kompakt, aber es gab immer noch viele kleine Luftblasen darin.

Die weiter Abfahrt ging erst einmal schnell, wir mußten nur darauf achten, die Felgen gelegentlich etwas zu kühlen. Bald kamen wir wieder zu der Dampfbahn und es bot sich die Möglichkeit, gleich den Grimselpaß noch anzuhängen. Leider war der aber durch das Unwetter unterbrochen und es stand ein Schild "Sackgasse 19 km". Man hätte also hochfahren können, was von dieser Seite relativ leicht zu machen sein dürfte. Und auf der anderen Seite hätte man eine schöne Abfahrt gehabt, bis zu der Lücke in der Straße. Die Auffahrt zurück zum Paß wäre dann wohl eine größere Sache geworden. Aber wir sparten uns den Grimselpaß lieber für eine spätere Radtour auf.

Ab Oberwald begleitete uns auch wieder die reguläre elektrische Schmalspurbahn. Es kam ein längerer flacher Abschnitt. Immer wieder konnte man sehen, daß kleine Bäche, die den Hang herunterkamen, von hohen Deichen umfaßt waren, die Raum für einen riesigen Fluß ließen. Auf der anderen Seite der Rhone ließ sich so mancher Felssturz und so manche Schlammlawine von Regentagen in früheren Jahren noch erkennen. Bald kam auch wieder ein steilerer und kurviger Abschnitt neben einer schmalen Rhoneschlucht. Es gab sogar gelegentlich kleine Zwischenanstiege, aber insgesamt ging es doch langsam bergab. Eigentlich heißt die Rhone in dieser Gegend Rotten. Aber die Bezeichnung scheint sich weder über die Region des Walliser Dialekts hinaus ausgebreitet zu haben noch scheint es üblich zu sein, sie für den Flußlauf unterhalb des Genfer Sees zu verwenden.

Der Walliser Dialekt gilt als schwer verständlich und er hat wenig Ähnlichkeiten mit anderen deutschen Dialekten in der Schweiz. Zum Glück haben wir es trotzdem geschafft, uns in Filet, kurz vor Brig, beim Zeltplatz anzumelden. Christina war ganz schnell eingeschlafen.

Tag 2: 2005-09-11 (7)

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In der Nacht und auch am nächsten Morgen gab es ein bißchen Regen. Der Zeltplatz war relativ klein und ziemlich einfach ausgestattet. Obwohl es nur wenige Gäste gab, mußte man doch sehen, daß man sich zu einer Zeit ohne lange Schlangen um das Duschen kümmert.

Kurz vor Brig wechselten wir von der N 19 auf die Veloroute V 1, die direkt am nördlichen Rhoneufer verlief und die wir bis hier praktisch vollständig ignoriert hatten, soweit sich nicht zufällig mit der N 19 gebündelt war. An diesem Ufer fuhren wir durch die Stadt durch und kamen noch etwas weiter als Visp nach Westen. Etwa in der Gegend, wo das Südportal des neuen Lötschberg-Bahntunnels gebaut wurde, wechselten wir wieder auf die Nationalstraße.

Das Rhonetal war in dieser Gegend flacher und breiter, aber es gab doch noch einige kleine Abfahrten. Die N 9 war oft dreispurig, aber das Verkehrsaufkommen hielt sich doch noch in Grenzen. Das Wetter wurde ziemlich gut, zeitweise schien sogar die Sonne.

Bei unserer zweiten Pause überlegten wir uns, daß sich ein guter Zug in Martinach (Martigny) um 15:51 noch schaffen ließe, wenn wir uns ein bißchen beeilen. So versuchten wir, etwa 22 km/h zu fahren, wenn es nicht einmal wieder kurz bergauf ging. Das Wetter wurde wieder ziemlich regnerisch und die Straße wurde zwischendurch ziemlich vierspurig (eine absolute Seltenheit bei Schweizer Nationalstraßen). In Martinach biegt die Rhone fast rechtwinklig nach Norden ab. Geradeaus nach Westen gibt es ein Tal, durch das man über den Paß Col de la Forclaz zum Mont Blanc Gebiet kommt. Nach Süden kommt man über den Großen St. Bernhard-Paß nach Aosta in Italien. Und nach Norden zum Genfer See.

Wir wollten nach Norden, aber bis unser Zug fuhr, hatten wir noch eine Viertelstunde Zeit. Gewisse Prognosen, wo der Fahrradwagen sein könnte, ließen sich anhand der Züge, die wir gesehen hatten, und anhand des Wagenstandanzeigers machen. Diese Züge hatten nicht nur einen Steuerwagen, in dem Fahrräder Platz finden, sondern außerdem noch einen ganze Fahrradwagen. Wir waren gut vorbereitet, als der Zug kam und nach dem Einladen wollten wir durch den Zug durchgehen. Leider war die Verbindungstür abgeschlossen, so daß erst einmal kein Zugbegleiter die Chance hatte, sich von der Gültigkeit unserer Fahrkarten zu überzeugen.

Bald wurde aber die Zwischentür aufgeschlossen, so daß wir doch noch einen Sitzplatz suchen konnten. Mit Umsteigen in Lausanne, Bern und Zürich kamen wir zu einer hinreichend vernünftigen Zeit in Schaffhausen an.