Home »» Reiseberichte »» Mitteleuropa »» Schweiz

Albula-Slowup

Ein autofreier Erlebnistag auf dem Albulapaß 2005-09-03 bis 2005-09-04

Karl Brodowsky, gefahren 2005, geschrieben 2005

Einleitung

[Anfang] [Ende]

Einige Male im Jahr wird in verschiedenen Gegenden in Deutschland und auch in der Schweiz ein Stück Straße für den MIV gesperrt, um dort die nichtmotorisierte Mobilität zu feiern. In der Schweiz heißen diese Anlässe Slowup Eine Besonderheit war 2005, daß zum ersten Mal in der Schweiz ein Alpenpaß ?  dafür vorgesehen war. Der Albulapaß ist sicher landschaftlich einer der Favoriten unter den Alpenpässen, aber er erfüllt doch keine sehr wichtige Verkehrsfunktion, weil nicht weit entfernt der parallel verlaufende Julierpaß und in der anderen Richtung der Flüelapaß zu finden ist. Der Julierpaß wird durch Schneeräumung nach Möglichkeit sogar ganzjährig offen gehalten.

Diese Gelegenheit, den Albulapaß autofrei ?  zu erleben, wollten wir natürlich gerne ausnutzen. Ich fuhr mit Bernhard und Ulrich, wobei wir diesmal kein Tandem mitnahmen, sondern jeder auf seinem eigenen Fahrrad fuhren.

Tag 1: 2005-09-03 (6)

[Anfang] [Ende]

Die Anreise gestaltete sich problemlos. Wir fuhren mit dem Zug von Schaffhausen nach Chur. Netterweise ist es bei der SBB der Normalfall, daß Züge Fahrräder ohne Reservierungspflicht mitnehmen. Die relativ seltenen Ausnahmen sind im Fahrplan explizit gekennzeichnet. Manchmal nehmen solche Züge sogar trotzdem noch Fahrräder mit, wenn man nett genug fragt.

Von Chur wollten wir ein Stück selber fahren. Die gebündelten Veloland-Routen V 2 und V 6 führten uns aus der Stadt heraus, aber als das Sandwege wurden, fuhren wir auf der N 13 weiter. Der Zusammenfluß von Vorderrhein und Hinterrhein ließ sich von einer Brücke in Reichenau gut sehen. Natürlich bilden die beiden Zuflüsse hier fast eine gerade Linie, von der der Abfluß im rechten Winkel abzweigt, aber das Wasser verirrt sich ja bekanntlich nur selten.

Irgendwo zwischen Rhäzüns und Rothenbrunnen wechselten wir wieder auf die V 6, die hier eine schöne ruhige asphaltierte autofreie Straße war, an der es sogar einen Rastplatz für Radfahrer gab. Ein paar Kilometer vor Thusis wird die V 6 ein Sandweg. Wir wechseln kurz vor dieser Stelle wieder auf die N 13.

In Thusis haben wir noch eine 3/4 Stunde Zeit, bis unser Zug fährt. So sehen wir uns noch einmal die alte N 13 (Viamala) in Richtung Süden an. Deren Anfang ist ein bißchen schwierig zu finden, da man die neue N 13, die auf der Trasse der alten A 13 angelegt worden ist, bei einem Kreisel nach rechts verlassen muß. Dann kommt man unter der N 13 durch und muß eine Abzweigung, die eher wie eine kurze Wohnstraße oder eine Hauseinfahrt aussieht, nach rechts nehmen. Die Straße ist für Autos gesperrt, aber es kommt noch das blaue Schild für das Ortsende von Thusis. So fahren wir durch die schmale Rheinschlucht, hoch über dem Wasser. Gelegentlich liegen dicke Felsbrocken auf der Straße, aber als wir dort fuhren, kamen keine dazu. Durch einen kleinen Tunnel und ein bißchen Zickzack kommen wir nach einer knappen halben Stunde bei Rognellen wieder auf die neue N 13. In 5 Minuten sind wir durch die beiden Tunnel zurück nach Thusis gefahren und da fährt dann auch irgendwann unser Zug ins Engadin.

Da wir schon in Bever, beim ersten Bahnhof nach dem Albulatunnel aussteigen wollen, wo der Bahnsteig etwas zu kurz ist, müssen wir mit den Fahrrädern direkt auf einer Weiche aussteigen, was aber mit Hilfe der RhB-Mitarbeiterin erstaunlich gut gelingt. Schnell haben wir die N 27 durch das Inntal in Richtung Martina gefunden und es dauert auch nicht sehr lange, bis wir bei dem Zeltplatz in Madulein ankommen. Befürchtungen, daß der Zeltplatz wegen des Slowups total überlaufen sein könnte, erwiesen sich als unbegründet.

Tag 2: 2005-09-04 (7)

[Anfang] [Ende]

Unser Zeltplatz war nur ein kurzes Stück vom Anfang des Albulapasses entfernt. Als wir dort ankamen, fingen sie gerade an, die Paßstraße für Autos und Benzinmotorräder zu sperren. Elektrische Motorräder waren erlaubt, aber die verlangten von ihren Fahrern, daß sie mittreten und verdoppelten in etwa den Energieeinsatz.

Man hatte noch genug Platz zum Fahren, aber es waren doch einige Tausend Radfahrer unterwegs und wir trafen bei jeder Pause noch andere Leute. Der erste Teil des Albulapasses von der Engadiner Seite ist mit etwa 8-9 % ziemlich steil, aber noch gut befahrbar. Es geht mit Serpentinen hoch über das Flußtal. Die Landschaft ist auf dieser Seite eher Grasland und weniger Wald, dafür sieht man aber auch öfter das ganze Tal.

Wir machen etwa nach einem und nach zwei Dritteln der Höhe eine Pause. Die letzten paar Kilometer vor dem Paß wurden flacher, der letzte Kilometer war sogar fast eben. Hier gibt es einen kleinen See neben der Straße, aber der eignete sich diesmal nicht zu baden, weil er bis auf eine kleine Pfütze in der Mitte trocken war und sich ein paar Kühe dort breit gemacht hatten.

Oben auf dem Paß gab es ein kleines Volksfest und wir konnten uns etwas zu Essen besorgen und natürlich hinterher noch einen Aufkleber für jedes Fahrrad kaufen. Das Wetter war phantastisch, nur strahlender Sonnenschein. Da brauchte man natürlich viel Wasser. Witzigerweise stand beim Hospiz neben dem Wasserhahn der Hinweis "kein Trinkwasser". Wir fragten uns schon, wie man in dieser Gegend untrinkbares Wasser in den Mengen organisiert, aber es stellte sich heraus, daß dieses Schild pure Tiefstapelei war und anscheinend hat es uns nichts ausgemacht.

Die Abfahrt auf dieser Seite war etwas flacher als der Anfang der Steigung am Morgen. Bald kamen wir durch waldige Gegenden. Immer wieder kreuzten wir die Bahnlinie. Bald kamen wir durch Bergün, aber wir hatten noch genug Zeit, noch bis Filisur zu fahren. Der Name Slowup erwies sich übrigens auch bei relativ vorsichtiger Fahrweise auf diesem Teil der Route als weniger treffend.

In Filisur waren doch schon recht viele Radfahrer auf dem Bahnsteig. Zum Glück hatte wir uns vorher angemeldet und so einen Zettel dabei, der quasi als Reservierung dienen konnte. Aber irgendwie wurden die Fahrräder doch alle aufgehängt, soweit es ging. Ein paar konnte man noch dazwischen stellen und so kamen alle mit.

In Tiefencastel waren noch mehr Radfahrer und die Eisenbahnerin auf dem Bahnsteig wollte die schon auf den nächsten Zug vertrösten, aber unser Zugführer nahm alle mit: "Dann müssen halt ein paar Velos auf dem Gang stehen."

Ein bißchen Verspätung hatte der Zug schon und der IC nach Zürich am selben Bahnsteig gegenüber war schon fast am Wegfahren und hatte auch nicht Platz für so eine große Zahl von Fahrrädern. 5 min später fuhr ein Interregio, der extra zusätzliche Fahrradwagen hatte. Da fast alle Schweizer Bahnhöfe Rampen bei den Bahnsteigzugängen haben, kamen wir gut zu dem anderen Bahnsteig. Mit noch einem Umsteigen in Zürich erreichten wir Schaffhausen und schafften dort irgendwie auch noch die Höhenmeter für den Heimweg.